Innenministerkonferenz fordert "Stärkungspakt Bevölkerungsschutz" - Zehn Milliarden Euro innerhalb von zehn Jahren für notwendige Strukturen - Sirenenwarnnetz weiter ausbauen

03.06.2022

Die Innenministerinnen und -minister sowie die Innensenatorin und -senatoren von Bund und Ländern haben nach ihrer Frühjahrskonferenz vom 1. bis zum 3. Juni in Würzburg eine positive Bilanz gezogen. Das Fazit des Vorsitzenden der Konferenz, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: „Wir haben eine arbeitsreiche und erfolgreiche Tagung mit einer großen Vielfalt an aktuellen Themen hinter uns.“ Im Fokus der Beratungen stand nach den Hochwasserkatastrophen 2021 und angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine der Bevölkerungs- und Zivilschutz. Die Innenministerinnen und Innenminister fordern vom Bund, innerhalb der nächsten zehn Jahre zehn Milliarden Euro für einen „Stärkungspakt Bevölkerungsschutz“ zur Verfügung zu stellen. Als weiteres Schwerpunktthema behandelte die Konferenz unter anderem den Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie.  

Wie Herrmann betonte, verstehe die IMK den Katastrophenschutz als „eines der grundlegenden Schutzversprechen des Staates gegenüber seinen Bürgern“. Mit der Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarungen zum „Gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz“ habe man einen wichtigen Meilenstein für den Bevölkerungsschutz in Deutschland erreicht. „Darüber hinaus hält es die IMK für notwendig, dass neben dem finanziellen Engagement der Länder auch der Bund deutlich mehr Mittel in den kommenden Jahren für einen „Stärkungspaket Bevölkerungsschutz“ zur Verfügung stellt.“ Außerdem habe die IMK auch das gemeinsame Anliegen zum Ausdruck gebracht, das bestehende Sirenenwarnnetz weiterzuentwickeln. „Insbesondere fordern wir den Bund dazu auf, das bestehende Förderprogramm zu verstetigen, um für den Ausbau über das Jahr 2022 hinaus weitere Fördermittel zur Verfügung zu haben.“

Ein klares Signal geht nach den Worten des IMK-Vorsitzenden von dieser Innenministerkonferenz auch beim Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie aus: „Wir werden diesen Kampf weiter deutlich intensivieren. So haben wir uns darauf geeinigt, dass die Löschung dieser schrecklichen Inhalte nicht allein von den individuellen Verfahren der ermittlungsführenden Polizeidienststellen und Staatsanwaltschaften abhängen darf.  Wir müssen diese Verbrechen sofort aus dem Netz tilgen, losgelöst von konkreten Ermittlungsmaßnahmen.“

Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sieht die IMK die Notwendigkeit, weitere Maßnahmen zur Abwehr von Desinformationskampagnen zu ergreifen. Der Bund und die Länder werden einen gemeinsamen Aktionsplan gegen Desinformation und für eine wehrhafte Demokratie erarbeiten. Zentral ist dabei der Aufbau eines Netzwerks, in dem alle relevanten Akteure von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam daran arbeiten, gezielte und gesteuerte Desinformationskampagnen aufzudecken, durch geeignete kommunikative Maßnahmen zu bekämpfen und als Plattform für den Informationsaustausch zur Verfügung zu stehen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärt: „Kinder vor entsetzlicher sexualisierter Gewalt zu schützen, hat höchste Priorität. Kein Täter darf sich sicher fühlen vor Strafverfolgung. Wir brauchen einen maximalen Ermittlungsdruck. Die schnelle Löschung von Missbrauchsdarstellungen und gleichzeitige Beweissicherung ist besonders wichtig. Denn so lange diese furchtbaren Missbrauchsbilder verfügbar sind, wird auch die Würde der Kinder immer und immer wieder verletzt. Dass die Ermittlungsbehörden hier noch schneller handeln, ist ein wichtiges Ergebnis dieser IMK. Zugleich müssen wir für die notwendigen Ermittlungsinstrumente sorgen. Die Speicherung von IP-Adressen ist unbedingt erforderlich, um Täter zu ermitteln, Netzwerke aufzudecken und in den schlimmsten Fällen andauernde Missbrauchstaten zu stoppen.

Die Stärkung des Bevölkerungsschutzes war ein zentrales Thema dieser IMK. Wir müssen uns besser vor Krisen und Klimafolgen wappnen. Dazu gehören moderne Warnsysteme. Und dazu gehört vor allem eine sehr viel besser verzahnte Zusammenarbeit von Bund und Ländern, die wir mit dem Gemeinsamen Kompetenzzentrum und einem gemeinsamen Ressourcenmanagement bei dieser IMK auf den Weg gebracht haben. Das sind echte Meilensteine. Wir werden in den Bevölkerungsschutz weiter massiv investieren. Der Beschluss der IMK gibt dafür Rückenwind. Aber klar ist auch: Auch die Länder sind gefordert, in diesem Bereich klassischer Länderzuständigkeiten, massiv zu investieren.“

Niedersachsens Minister für Inneres und Sport und Sprecher der sozialdemokratisch-geführten Innenressorts, Boris Pistorius betont: „Gerade in Krisenzeiten ist ein enger und vertrauensvoller Austausch der Innenressorts elementar. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putins auf die Ukraine stellt uns in der Innen- und Sicherheitspolitik vor massive neue Herausforderungen. Deshalb ist es wichtig und notwendig, dass wir gemeinsam einen Beschluss zu dem von mir vorgeschlagenen zehn Milliarden Euro Paket zur zielgerichteten und dauerhaften Härtung unserer Fähigkeiten im Zivil- und Bevölkerungsschutz gefasst haben. Wir müssen uns wappnen für die Bewältigung der Folgen militärischer Auseinandersetzungen, von Extremwettereignissen oder von Cyberangriffen auf kritische Infrastrukturen. Nun gilt es, dass wir als Länder gemeinsam mit dem Bund zeitnah prüfen, welche Vorhaben schnell angegangen werden sollen.“

Auch der Sprecher der unionsgeführten Innenministerien, Hessens Innenminister Peter Beuth, begrüßte die erzielte Einigung zur Stärkung des Bevölkerungsschutzes in der Bundesrepublik. „Angesichts des Krieges in Europa, Angriffen auf unsere Infrastruktur und zerstörerischen Naturkatastrophen müssen wir dringend weiter in unseren Schutz investieren. Deshalb sind sich die Länder einig, dass es dringend Investitionen in den Zivilschutz geben muss, für den der Bund mindestens zehn Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren bereitstellen sollte.“

Im Hinblick auf die von Hessen eingebrachte Initiative zum verstärkten Kampf gegen Kindesmissbrauch erläuterte der B-Sprecher Peter Beuth: „Wir waren uns einig, dass gezielte Strafverfolgung und ein besserer Opferschutz möglich sind. Es ist nicht hinnehmbar, dass diese abscheulichen Darstellungen zum Teil noch Jahre nach der Tat im Internet abrufbar sind. Es freut mich besonders, dass sich die Innenministerinnen und Innenminister auf die hessische Initiative hin darauf einigen konnten, dass wir Speicherfristen von IP-Adressen eingehend prüfen werden, um abscheuliche Verbrechen gegen Kinder und Jugendliche sowie deren Verbreitung noch effektiver bekämpfen zu können. Viel zu oft laufen Ermittlungen bei schrecklichsten Darstellungen von sexuellem Missbrauch ins Leere, weil IP-Adressen bereits gelöscht und die Täter so nicht mehr ausfindig gemacht werden können. Das kann und darf bei derart schrecklichen Delikten nicht sein. Wir brauchen längere Speicherzeiten für IP-Adressen, um Kinderschändern effektiver habhaft werden zu können. Zugleich freut es mich, dass wir uns darauf einigen konnten, dass künftig schneller die grässlichen Darstellungen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schneller und effizienter aus dem Internet gelöscht werden und dies künftig stärker vom BKA koordiniert wird. Damit hat auch diese IMK wieder wichtige Fortschritte zur Stärkung der Sicherheit in Deutschland erreicht.“